Als engagierter Fotograf kennt man einige Fotografen und sieht viele Fotos. Aber irgendwie sieht man oft das Gleiche, hübsche junge Frauen, mehr oder weniger ausdrucksstark und bekleidet. Klar, das kommt gut an und ist hübsch anzusehen. Aber ich wollte mal was anders machen.

Mir als Fotograf ist es wichtig die Objektivität zu behalten und mich nicht von all dem, was man so sieht einlullen zu lassen. Ich möchte die eigene Sichtweise aufrecht erhalten, da ist es gut, ab und zu mal vom Mainstream abzuweichen.

Vor einigen Jahren machte ich deswegen eine Serie über echte Menschen und wie sie wirklich aussehen. Die sind halt nicht immer jung und knackig. Und diesmal war mir auch danach etwas zu zeigen, was irgendwie allgegenwärtig ist, aber kaum gezeigt wird. Ein unperfekter Körper. Dabei sind die perfekten Körper eher die Ausnahme. Denkt ihr jetzt auch gerade an Eure Röllchen und Bindegewebsschwächen?

Für die Suche nach einem Modell gab ich eine Anzeige auf und es dauerte auch nicht lange, da meldete sich Claudia. Claudia ist 53 und mollig, perfekt! Nach einem Telefonat in dem wir die Details besprachen, kam sie zu mir ins Fotostudio. Wir unterhielten uns und Claudia war sehr nett und total entspannt. Ich war allerdings etwas nervös, aber das gab sich im Laufe des Fotoshootings.

Ich habe oft Menschen im Studio, die sehr mit sich hadern, obwohl sie gut aussehen. Da muss man als Fotograf achtsam sein, diese Menschen nicht unvorteilhaft erscheinen zu lassen. Bei Claudia war das anders. Sie hatte ein sehr gesundes Selbstverständniss zu ihrem Körper, trotz ihrer Röllchen und Bindegewebsschwächen. Das war mal richtig wohltuend und sorgte für eine entspannte und kreative Atmosphäre und gute, sinnliche Fotos. Und konsequenter Weise habe ich auf Retusche verzichtet.

Mich erdet solch ein Realismus. Vielleicht greife ich die Serie mit den echten Menschen mal wieder auf.